Short NASDAQ - Long QQQ(equally weighted)
Wie man mit dem Ratio Trade auf relative Performanceunterschiede setzt – Praxisbeispiele und Risikosteuerung
Heute stelle ich eine meiner bevorzugten Handelsstrategien vor: den sogenannten "Pairs Trade" oder "Ratio Trade". Diese “kreativere” Handelsstrategie kann insbesondere für Stillhalter interessant sein, um zusätzliche Prämieneinnahmen zu generieren, aber gleichzeitig an der Basisidee zu partizipieren.
AMD versus NVDA
Der Grundgedanke des Ratio Trades besteht darin, zwei Wertpapiere in einem bestimmten Verhältnis zu handeln. Dies basiert auf der Annahme, dass eine bestimmte Differenz in ihrer Performance auftreten wird. Als Beispiel können wir annehmen, dass NVDA (Nvidia Corp.) eine wesentlich bessere Performance als AMD (Advanced Micro Devices Inc.) gezeigt hat. In diesem Szenario könnten wir NVDA verkaufen (shorten) und im gleichen Gegenwert AMD erwerben (long gehen). Somit würden wir auf eine relative Performanceverbesserung von AMD im Vergleich zu NVDA setzen.
Bitcoin versus Bitcoin
Zum besseren Verständnis des Ratio Trades können wir ein weiteres Beispiel heranziehen. Angenommen, wir spekulieren auf die Genehmigung eines Bitcoin-ETFs durch die US-Börsenaufsicht (SEC). In diesem Fall könnten wir den Grayscale Bitcoin Trust (GBTC) kaufen und zur Absicherung den ProShares Bitcoin Strategy ETF (BITO) verkaufen. Die grundlegende Strategie liegt hierbei auf der Annahme, dass GBTC seinen Diskont zum Nettoinventarwert (Net Asset Value, NAV) wieder aufholt. Bei GBTC handelt es sich um einen Fonds, der seit Jahren Schwierigkeiten hat, den NAV adäquat abzubilden, und deswegen unter dem NAV gehandelt wird. Dieser Wert dürfte bei einer ETF-Genehmigung durch die SEC aufgeholt werden. Aufgrund der Tatsache, dass man gleichzeitig im BITO ETF short ist, ist man unabhängig von der der Performance des Underlyings (Bitcoin).
Marktgewichtet versus gleichgewichtet
Heute konzentrieren wir uns allerdings auf eine breitere und konservativere Anwendung des Ratio Trades. Dabei könnten wir den marktgewichteten NASDAQ (repräsentiert durch den QQQ-ETF) verkaufen und den gleichgewichteten NASDAQ (repräsentiert durch den QQQE-ETF) kaufen.
Betrachten wir die jährliche Performance (Stand 2.08.2023): der QQQ-ETF hat um 41,01% zugelegt, während der QQQE-ETF nur um 23,66% gestiegen ist. Der marktgewichtete QQQ-ETF enthält große Unternehmen wie Apple, Microsoft, Amazon und Nvidia die stark vertreten sind. Ihre herausragende Performance in diesem Jahr hat erheblich zur Gesamtperformance des QQQ-ETF beigetragen.
Im Gegensatz dazu sind im gleichgewichteten QQQE-ETF alle Unternehmen unabhängig von ihrer Marktkapitalisierung gleich gewichtet. So hat Apple hier beispielsweise ein Gewicht von 1%, während es im marktgewichteten QQQ-ETF mit fast 12% gewichtet ist. Das nachfolgende Chart zeigt die starke Performance Divergenz, die nur auf die unterschiedliche Gewichtung der Holdings zurückzuführen ist.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie man profitieren könnte (wobei natürlich auch Verluste möglich sind):
Die restlichen 90+ Unternehmen holen auf und die Rallye wird breiter.
In einer Korrektur korrigieren die Big-Tech-Unternehmen stärker als der Rest
Dabei reicht es schon, wenn sie genauso stark korrigieren würden wie alle anderen Holdings (die höhere Gewichtung wirkt hier als Hebel).
Alles steigt, aber Big Tech weniger stark als die kleineren Unternehmen
(Stagnation des Ratios auch für Stillhalter interessant)
Für Stillhalter ist noch mehr möglich
Für Stillhalter besteht zudem die Möglichkeit, durch den Einsatz von Optionen das Gesamt-Delta zu reduzieren. Werden out-of-the-money Puts gegen die Short-Position im QQQ und out-of-the-money Calls gegen die Long-Position im QQQE verkauft, verringert sich das negative bzw. positive Delta. Dadurch sind wir insgesamt weniger Short und weniger Long.
Allerdings erfordert der Einsatz von Optionen in einer solchen Handelsstrategie ein hohes Maß an Management. Dies gilt insbesondere, wenn die Divergenz zwischen QQQE und QQQ zunimmt. Wer nicht in der Lage ist, das Delta seiner Ratio-Trade-Position regelmäßig zu überprüfen, sollte von komplexeren Ratio-Trades Abstand nehmen.
Es ist zudem ratsam, die einzelnen Bestandteile sowie deren Gewichtung bei einer Short-Position im QQQ und einer Long-Position im QQQE genau zu betrachten. Listen dafür sind online verfügbar. Ich verwende oft Koyfin, um die Daten direkt als Excel-Tabelle herunterzuladen und das Netto-Exposure zu berechnen.
Beispiel Apple:
Wie oben erwähnt, hat Apple im QQQ ein Gewicht von 12% und im QQQE nur 1%. Wenn ich short im QQQ und long im QQQE bin, ergibt sich mein Netto-Exposure aus: 1% - 12% = -11%. In diesem Ratio Trade bin ich also mit -11% meines Einsatzes Short in Apple.
Geht man von 100 Anteilen Short im QQQ aus und nimmt einen Preis von $380 an, ist man mit $38.000 Short und muss denselben Betrag im QQQE Long sein. So ergibt sich eine negative Gewichtung (Short-Position) in den größten Werten, die zudem dieses Jahr eine beachtliche Rendite erzielt haben. Zudem hat man eine Long-Position in allen anderen Werten, die bisher nicht so stark an der Rallye teilnehmen konnten.
Wenn man also erwartet, dass die Rallye breiter wird oder eine Korrektur die größeren Unternehmen stärker als den gleichgewichtigen ETF nach unten zieht, kann man diese Ansicht mit einem Ratio Trade umsetzen. Erfahrenere Optionshändler haben zudem die Möglichkeit, Prämien in beide Richtungen einzusammeln.
Zusammenfassend sind Ratio Trades eine flexible Handelsstrategie, die sowohl im Aktien- als auch im Optionshandel angewendet werden kann. Sie ermöglichen Wetten auf relative Performanceunterschiede zwischen zwei Wertpapieren und können durch den Einsatz von Optionen verfeinert werden. Es ist jedoch entscheidend, die damit verbundenen Risiken zu verstehen und geeignete Maßnahmen zur Risikosteuerung zu treffen.
MiFID II Besonderheit…
MiFID II ist eine europäische Regulierung, die 2018 in Kraft getreten ist und das Ziel hat, die Transparenz und den Anlegerschutz auf den Finanzmärkten zu verbessern. Ein Aspekt davon ist, dass Anbieter von Finanzprodukten wie ETFs (Exchange Traded Funds) umfassende Informationen über ihre Produkte bereitstellen müssen. Viele US-ETFs erfüllen diese Anforderungen nicht, weil sie keine sogenannten "Key Information Documents" (KIDs) bereitstellen, die nach EU-Regulierung erforderlich sind. Deshalb können Privatanleger in Deutschland und anderen EU-Ländern diese US-ETFs nicht (direkt) kaufen.
Wenn man also einen Ratio Trade unbedingt mit US-ETFs umsetzen möchte muss man für den QQQ tief im Geld liegende Calls und für den QQQE tief im Geld liegende Puts verkaufen. Diese Umwege können ein wenig nervig sein, aber man kann froh sein, dass dies überhaupt noch möglich ist und wir die Möglichkeiten haben die sehr liquiden US-ETFs (QQQE ist eine Ausnahme) mit Optionen zu handeln.
Disclaimer:
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