Positionsgrößenbestimmung und Risikomanagement
Von Fixed Trade Size bis zum Fractional Kelly Criterion: Praktische Ansätze und Methoden im Handel
Die letzten Wochen waren außergewöhnlich und aufgrund der gestiegenen (realisierten) Volatilität sehr spannend. Infolge meiner persönlichen Angaben zu Trades (beispielsweise Long-Positionen in EUR, XME, IWM usw.) in meinem letzten Blogartikel erhielt ich private Anfragen bezüglich Risikomanagement und Positionsgrößenbestimmung.
Positionsgröße
Ich bestimme die Größe meiner Positionen bei klar definierten Trades mithilfe des fractional Kelly Criterion.
Zur Einordnung beginnen wir jedoch zunächst von Grund auf.
Es existieren zahlreiche Methoden zur Bestimmung der Positionsgröße. Die beiden bekanntesten und zugleich einfachsten sind das 'Fixed Trade Size System' (System mit festem Handelsvolumen) und das 'Fixed Fraction Sizing System' (System mit festem Bruchteil).
Fixed Trade Size System
Bei diesem Ansatz wird bei jedem Handel dieselbe Menge gehandelt (z.B. 100 Optionen oder 1.000 Vega). Es ist einfach zu handhaben und zeigt deutlich die Rentabilität der Handelsmethode, besonders beim Backtesting.
Fixed Fraction Sizing System
Hier wird ein konstanter Prozentsatz (z.B. 1%) des Kapitals bei jeder Handelsgelegenheit eingesetzt. Die Handelsgröße passt sich dynamisch an Kapitalveränderungen an, was bei der Risikoverwaltung und Ertragsmaximierung hilft.
Das Martingale-System verfolgt eine gänzlich andere Herangehensweise
Bei diesem Ansatz wird der Einsatz nach einem Verlust verdoppelt, in der Hoffnung, die Verluste mit dem nächsten Gewinn auszugleichen. Jedoch kann dieses System rasch zu hohen Verlusten führen, da die Einsätze, besonders bei einer Serie von Verlusten, exponentiell anwachsen. Einen solchen Ansatz wende ich in geringerem Maße beim Investieren an, insbesondere wenn der beobachtete Marktwert signifikant von meinem ermittelten 'Value' abweicht. Ein Beispiel hierfür sind langlaufende Anleihen, wie der TLT ETF. Im Jahr 2023 investierte ich frühzeitig (zu früh) in langlaufende Anleihen, kaufte jedoch im weiteren Verlauf signifikant nach. Der Grund hierfür waren die steigenden Renditen und sinkenden Anleihenpreise, die zunehmend attraktiver wurden – dies galt insbesondere bei gleichbleibenden Inflationserwartungen, erkennbar an der 5-Year, 5-Year Forward Inflation Expectation Rate und den extrem hohen Realrenditen, die immer restriktiver wurden.
Ich würde in zukünftigen Zinsanhebungszyklen langlaufende Anleihen erneut 'so früh' erwerben. Aus probabilistischer Perspektive war dies die korrekte Entscheidung. Der Grund: Ein starker Anstieg der langfristigen Zinsen am Ende eines Zinsanhebungszyklus, stärker als bei den kurzfristigen Zinsen, ist äußerst selten. Bei der Analyse aller vergangenen Zinsanhebungszyklen trat dies nur einmal auf, nämlich 1969, und nun wieder im Jahr 2023. Ein solcher 'Bear Steepener' bleibt am Ende eines Zinsanhebungszyklus insgesamt ein seltenes Ereignis. In allen anderen Zyklen führte ein 'Bull Steepener' zur Auflösung, wie es derzeit der Fall ist. Dabei fallen die kurzfristigen Zinsen stärker als die langfristigen, und die inverse Zinskurve löst sich auf.
Zurück zur Bestimmung der Positionsgröße. Eine weitere, jedoch leicht komplexere Methode hierfür ist das Kelly Criterion.
Kelly Criterion
Dieses System bestimmt die optimale Größe einer Wette (Trade) anhand der Wahrscheinlichkeit eines Gewinns und des erwarteten Ertrags. Es zielt darauf ab, das Wachstum des Portfolios zu maximieren und gleichzeitig das Risiko des Ruins (Verlust des gesamten Kapitals) zu minimieren.
Insbesondere bei Optionsstrategien, die durch klare Gewinnwahrscheinlichkeiten und ein vorab definiertes Verhältnis von Ertrag zu Risiko (Return/Risk Ratio) charakterisiert sind, erweisen sich solche Berechnungen als nützlich. Allerdings wird bei der exemplarischen Anwendung des Kelly-Kriteriums auf einzelne Trades schnell ersichtlich, dass das vorgeschlagene Kapitalrisiko mitunter enorm sein kann. Aus diesem Grund entwickelte sich im Laufe der Zeit das 'fractional Kelly Criterion', welches eine deutlich konservativere Herangehensweise bietet.
Fractional Kelly Criterion
Das Fractional Kelly Criterion ist eine Modifikation des traditionellen Kelly Criterion, bei der nur ein Bruchteil des empfohlenen Einsatzes verwendet wird. Dies wird oft getan, um das Risiko zu verringern. Die Formel für das Fractional Kelly Criterion ist wie folgt:
In der Praxis wird der Faktor α beim Fractional Kelly Criterion oft zwischen 0,1 und 0,5 gewählt. Dieser Bereich ermöglicht eine bedeutende Verringerung des Risikos, während er immer noch einen Teil der Vorteile des Kelly-Kriteriums beibehält. Ein niedrigerer α-Wert bedeutet ein konservativeres Wettverhalten, während ein höherer Wert näher am vollständigen Kelly-Einsatz liegt und somit ein höheres Risiko darstellt. Als Standardgröße nutze ich einen α-Wert von 0,25.
Ich würde einen höheren Wert nur dann in Betracht ziehen, wenn ich mich in einer Phase befinde, die ich als 'Hot Hand' bezeichnen würde. Ursprünglich aus dem Sport, wie beispielsweise dem Basketball, bekannt, beschreibt der 'Hot Hand'-Effekt die Annahme, dass ein Spieler nach einer Serie erfolgreicher Aktionen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit hat, weiterhin erfolgreich zu sein. Im Basketball scheint ein Spieler, der mehrere Körbe in Folge erzielt, in einer Glückssträhne zu sein, was die Erwartung einer vorübergehend höheren Trefferquote weckt. Obwohl dieser Effekt unter Spielern und Fans beliebt ist, deuten Studien darauf hin, dass es sich eher um eine Wahrnehmungsverzerrung handelt als um einen tatsächlichen Anstieg der Leistungsfähigkeit.
In Bezug auf Handelsentscheidungen sehe ich dies jedoch anders und orientiere mich an Stanley Druckenmiller, den ich als einen der besten Investoren unserer Zeit betrachte:
I believe in streaks. You see it in baseball, in everything else, I've seen it in investing. Sometimes you're seeing the ball sometimes you're not. One of my number one jobs is to know whether I'm hot or cold. And when I'm hot, I'm supposed to turn the dial way up. Not say, Okay, I'm up 40% this year. This will look good at the end of the year. You got to make hay while you're hot.
And when you're cold, the last thing you should do is try and make big bets to get back to even. You should you should tone yourself down. Believe it or not, that's part of the all your eggs in one basket. Not only do I have to see the investment that really excites me. I also have to see myself being in a good trading rhythm.
Disclaimer:
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